Putin will New START Vertrag um ein Jahr verlängern – Was das für die Ukraine bedeutet

Putin will New START Vertrag um ein Jahr verlängern – Was das für die Ukraine bedeutet

In einer live‑übertragenen Sicherheitsratssitzung am 22. September 2025 machte Russlands Präsident Wladimir Putin ein überraschendes Angebot: Er will den New START Vertrag um ein weiteres Jahr über das offizielle Ablaufdatum am 5. Februar 2026 hinaus verlängern – natürlich nur, wenn Washington im gleichen Maße mitzieht. Die Äußerung klingt simpel, steckt aber voller geopolitischer Taktik und erinnert daran, dass selbst in Zeiten heftiger Konflikte die nukleare Waffenfrage nicht aus dem Blickfeld verschwindet.

Hintergrund zum New START Vertrag

Der New START wurde 2010 in Prag von Barack Obama und Dmitri Medwedew unterzeichnet und begrenzt die strategischen Atomwaffen beider Supermächte. Jeder Seite stehen maximal 1.550 einsatzfähige Sprengköpfe und 700 einsatzbereite Trägersysteme – Raketen, Bomber und deren Abschussvorrichtungen – zur Verfügung. Neben den Zahlenregeln sah das Abkommen ein strenges Inspektionsregime vor, das den gegenseitigen Nachweis von Einhaltung ermöglichen sollte.

Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine 2022 verschlechterten sich die Beziehungen rapide. Moskau setzte im August 2022 die Inspektionen aus und erklärte 2023, das Abkommen sei faktisch beendet, obwohl es die Obergrenzen weiterhin einhielt. Die USA hielten dagegen an ihrer Verpflichtung fest und forderten ebenfalls den Fortbestand der Kontrollen.

Mögliche Folgen für die Ukraine und die globale Abrüstung

Putins Vorschlag lässt sich nicht losgelöst vom Ukraine‑Krieg interpretieren. Experten wie John Erath vom Center for Arms Control and Non‑Proliferation lesen in dem Angebot ein diplomatisches Manöver, das Washington unter Druck setzen soll, während Russland gleichzeitig seine Verhandlungsposition stärkt. „Fast alles, was Putin heute sagt, hängt mit der Ukraine zusammen“, merkt Erath an und sieht das Angebot als Signal für Kooperationsbereitschaft, das jedoch nicht als Zugeständnis an die westlichen Forderungen gewertet werden darf.

Pavel Podvig, Leiter des Russian Nuclear Forces Project, bezeichnete die Erklärung eher als „Stimmungssignal“ denn als konkretes Verhandlungsangebot. Er betont, dass Putin erst einmal klarstellen wolle, dass Russland bereit ist, die bestehenden quantitativen Beschränkungen freiwillig zu respektieren, solange die USA nicht einseitig die Balance der Abschreckung stören.

Der eigentliche Hebel liegt also in der Gegenseitigkeit: Wenn Washington die Verlängerung akzeptiert, könnte ein kurzer Atemzug für die nukleare Stabilität entstehen, der wiederum Raum für breitere Abrüstungsdebatten schaffen könnte. Gleichzeitig gibt es das Risiko, dass die USA das Angebot nur als taktisches Manöver sehen und keine langfristige Verhandlungslinie einschlagen.

Für die Ukraine ist die Situation zweischneidig. Einerseits könnte ein stabiler Nuklearrahmen die Sicherheit in Europa erhöhen und den Druck auf Russland mindern, weiter zu eskalieren. Andererseits könnte ein solches Abkommen von den westlichen Partnern als Hinweis gewertet werden, dass man bereit ist, geopolitische Zugeständnisse zu machen, um das nukleare Wettrüsten zu begrenzen – ein möglicher Spielraum für Russland, um die eigenen Ziele in der Ukraine weiterzuverfolgen.

Die internationale Nichtverbreitungs‑Community reagiert vorsichtig optimistisch. Ein Jahres‑Roll‑Over könnte den globalen Abrüstungsagenda einen kleinen Schub geben und als Zeichen für die Funktionsfähigkeit von Verhandlungen zwischen den beiden größten Atommächten gelten. Sollte das Angebot tatsächlich umgesetzt werden, müsste eine Reihe von technischen und diplomatischen Schritten folgen: erneute Inspektionen, transparente Datenbanken und ein klares Zeitfenster für die nächste Vertragsrunde.

Bislang hat Washington noch nicht reagiert. Die US‑Regierung betont, dass jede Verlängerung an Bedingungen geknüpft sei, die die Integrität des Abkommens wahren. In Washington wird jedoch auch darüber diskutiert, ob man das Angebot nutzt, um die Verhandlungsposition zu stärken oder ob man stattdessen neue, umfassendere Abrüstungsinitiativen ins Spiel bringt.

Unabhängig von den nächsten Schritten bleibt fest: Der New START Vertrag ist das letzte funktionierende Ruder im nuklearen Rüstungskontrollsegel zwischen Ost und West. Ein einjähriger Aufschub könnte die Tür zu einer neuen Ära öffnen – oder lediglich ein taktisches Manöver bleiben, das die bestehenden Spannungen nur kurz lindert.